Güstrow/MVPO Am 30. November treffen sich die Spitzen der Handwerkskammern, Landesfachverbände, Kreishandwerkerschaften und Innungen des Landes mit Ministerpräsident Erwin Sellering auf dem 14. Obermeistertag des Handwerks in Güstrow. Der gemeinsam von der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern M-V, dem Wirtschaftsverband Handwerk M-V und der Arbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften getragene Obermeistertag wird in diesem Jahr von der Handwerkskammer Schwerin ausgerichtet.
Ausbildungsbilanz 2011 und aktuelle Fachkräftesituation
Die über 20.000 Betriebe im Handwerk von Mecklenburg-Vorpommern verzeichnen aktuell die beste Konjunktur seit 20 Jahren. Durch einen guten Auftragsvorlauf fällt auch der Blick auf den Winter größtenteils positiv aus. Das Vollhandwerk (Meisterbetriebe) verzeichnet einen Zuwachs von 8% gegenüber dem Vorjahr.
Im personalintensiven Handwerk droht der zunehmende Mangel an Ausbildungsnachwuchs und qualifizierten Fachkräften zum Wachstumshemmnis zu werden. Das Ausbildungsjahr 2011 hat im Handwerk landesweit mit einem Minus von 14,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr geschlossen (betrieblich: – 9,7%). In den Lehrstellenbörsen der Kammern waren Ende Oktober zahlreiche Stellen unbesetzt, allein im Schweriner Kammerbezirk waren es 225.
Angesichts der Tatsache, dass 2011 nur noch 9.452 Schulabgänger die Schulen des Landes verlassen haben (2004: 24.848; 2008: 20.806), kann dieses Ergebnis nicht überraschen, zumal davon 1.345 keine Berufsreife geschafft haben. Die fehlenden Auszubildenden von heute sind die fehlenden Fachkräfte von morgen. Umfragen der Handwerkskammern haben bereits im Frühjahr 2011 einen hohen Bedarf an Fachkräften aufgezeigt. Hinzu kommt, dass in den nächsten 5 bis 10 Jahren etwa 20 bis 25 % der Handwerksbetriebe altersbedingt zur Übergabe anstehen.
Was tut das Handwerk für die Nachwuchssicherung?
- Bereitstellen von Praktikumsplätzen für Schüler
- Teilnahme an Berufsmessen und Schulaktionen
- Angebote der Handwerksorganisation für die Berufsorientierung
- Ausbildungsangebote speziell für Leistungsstarke (Duale Studiengänge, Technischer Betriebswirt)
- Ausbildungsangebote für benachteiligte Jugendliche (zum Beispiel Kfz-Servicetechniker); Unterstützung der Betriebe bei der Ausbildung von Jugendlichen mit Lernschwächen in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit
- Erhöhung der Ausbildungsvergütung in vielen Branchen
- Nachwuchs- und Imagekampagnen auf Bundes- und Landesebene ("Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht von nebenan" / "Besser ein Meister")
- Begleitung von Betriebsübergaben durch die Kammern
Ausblick auf die neue Legislaturperiode und Bewertung des
Koalitionsvertrages
Mit der Fortsetzung der Großen Koalition erwartet das Handwerk generell die Weiterführung der in großen Teilen auf Handwerk und Mittelstand orientierten Wirtschaftspolitik.
Haushaltspolitik:
Das Handwerk begrüßt den zwischen den Koalitionspartnern vereinbarten Schuldenstopp. Dies darf jedoch nicht zu Lasten der kommunalen Investitionskraft gehen, da die öffentliche Auftragsvergabe gerade für große Teile des Bauhandwerks von existentieller Bedeutung ist. Vor allem mit Blick auf das neue Vergabegesetz (Mindestlohn) wird das Handwerk der Auskömmlichkeit der ausgeschriebenen Aufträge großes Augenmerk widmen.
Bildungspolitik (Allgemeinschulische und Berufsschulische Bildung):
Das Handwerk begrüßt vor allem die im Koalitionsvertrag festgelegte Planung zur Reduzierung der im Bundesdurchschnitt zu hohen Zahl derer, die keine Berufsreife schaffen. 2011 waren dies 1345 Schülerinnen und Schüler, dies entspricht einem Anteil von 14,2%. Der Bundesdurchschnitt beträgt 7,9%. Dies ist aus Sicht des Handwerks angesichts des demografisch bedingten Mangels an Ausbildungsbewerbern eine der vordringlichsten Aufgaben von Bildungspolitik.
Im Bereich der Berufsschulen wird eine Verbesserung der Finanzausstattung sowie die Sicherstellung einer 100%-igen Unterrichtsversorgung in Aussicht gestellt. Die Handwerksorganisationen unterstützen notwendige Vertretungslösungen über die Herstellung von Kontakten zu Handwerksmeistern und Ausbildern zur Absicherung der Lehre.
Vergabegesetz und Mindestlohn:
Das Land kann keinen für alle Unternehmen gültigen gesetzlichen Mindestlohn einführen. Es kann nur über das Vergabegesetz beschließen, dass die Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bemühen, eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro einhalten müssen. Für alle Unternehmen, die sich nicht an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen, hat diese Regelung keinerlei verpflichtende Wirkung. Das schließt jedoch genau die Branchen aus, die zum sogenannten Niedriglohnsektor zählen.
Im Baugewerbe, im Dachdeckerhandwerk, bei den Malern- und Lackieren sowie bei den Steinmetzen und im Elektrohandwerk gibt es bereits allgemeinverbindliche Tarifverträge, die einen 8,50 Euro -Mindestlohn bei der Vergabe öffentlicher Aufträge überflüssig machen.
Das Handwerk in Mecklenburg-Vorpommern ist für auskömmliche Löhne, jedoch sollten diese auf der Grundlage von ausgehandelten Tarifverträgen gezahlt werden.
Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen:
In der neuen Kommunalverfassung wurde die Pflicht verankert, vor der Entscheidung einer Kommune über die Aufnahme eines Wirtschaftsbetriebs die Kammern anzuhören. Die Kammern werden dies als Hebel nutzen, um einer möglichen Gefahr der aus Steuermitteln finanzierten Wettbewerbsverzerrung für die örtliche Wirtschaft vorzugreifen.
Gestaltung der Energiewende mit dem Handwerk:
Das Handwerk begrüßt den politischen Willen zur Durchführung der energetischen Wende. Ein Gesamtkonzept zur energetischen Erneuerung muss jedoch sowohl die Sicherstellung der Stromversorgung, die Erhöhung der Energieeffizienz, den Ausbau erneuerbarer Energien sowie den Ausbau intelligenter Netze in sich vereinigen. Eine entscheidende Rolle spielt aus Sicht des Handwerks vor allem die Nutzung und Erschließung von Energieeinsparungspotenzialen.
Energieeinsparungen sind der bestmögliche Ansatzpunkt zur Deckung des Energiebedarfs gerade auch unter veränderten energiepolitischen Rahmenbedingungen. Der Gebäudebereich, auf den ca. 40 Prozent des Energieverbrauchs und ein Drittel der schädlichen Kohlenstoffdioxid-Emissionen entfallen, ist hierfür besonders geeignet. Mecklenburg-Vorpommern sollte eine Vorreiterrolle in der Gebäudesanierung einnehmen.
Zur Steigerung der Energieeffizienz sind Energiedienstleistungen von großer Bedeutung. Dieses Thema darf jedoch nicht nur auf die großen Energieversorgungsunternehmen beschränkt werden. Vielmehr müssen gerade die kleinen und mittleren Unternehmen des Handwerks umfassend an den im Aufbau befindlichen Energiedienstleistungsmärkten beteiligt werden.
Bekämpfung von Schwarzarbeit:
Schwarzarbeit stellt für das Handwerk ein permanentes Problem dar. Sie schädigt gesetzestreue Unternehmen sowie Arbeitnehmer und verursacht enorme Einnahmeausfälle bei Sozialkassen und Fiskus. Laut dem kürzlich verabschiedeten Gesetz über die Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und für die Aufgaben nach der Handwerksordnung Mecklenburg-Vorpommern (SchwArbOWiHwOZustG M-V) wurde die Zuständigkeit für die Bekämpfung von Schwarzarbeit von den Ämtern zurück zu den Landräten der Landkreise und den Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte gegeben. Durch die Kreisgebietsreform entstehen nun gute Möglichkeiten, Schwarzarbeit mit erhöhter personeller und finanzieller Schlagkraft wieder deutlich effizienter zu verfolgend und zu ahnden.
Daten und Fakten zum Handwerk in Mecklenburg-Vorpommern:
- Umsatz 2010: 9 Mrd. Euro (Anteil am BIP M-V von etwa 25%)
- Anzahl Betriebe 2010: 20.080
- 12,2 Betriebe je 1.000 Einwohner (Bund: 11,7 / Hamburg: 8,4 / Lübeck: 9,7)
- Beschäftigte 2010: rund 93.000 (das sind 17,7% aller Beschäftigten in MV),
(Bundesweit: 4.916.000 Beschäftigte in 577.200 Handwerksbetrieben (ohne handwerksähnliche Betriebe), die jährlich einen Umsatz von rund 473,1 Milliarden Euro machen. Im Jahr 2010 wurden insgesamt 440.000 Jugendliche in über 130 Handwerksberufen ausgebildet.)
14. Obermeistertag des Handwerks in Mecklenburg-Vorpommern
- Termin: Mittwoch, den 30. November 2011, 13.15 Uhr bis ca. 15.00 Uhr
- Ort: Bürgerhaus Güstrow, Sonnenplatz 1, 18273 Güstrow
MVPO Güstrow red/nmp
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