Rostock/MVPO Gastbeitrag Sybille Bachmann – Jahrelanges Missmanagement und Bedienungsmentalität einiger haben den Traditionsverein in schweres Fahrwasser gebracht.
Nun wird nach dem Staat gerufen, der Steuergelder zur Rettung in die Hand nehmen soll. Und das bei einem defizitären Haushalt von immerhin 170 Mio. Euro. Dabei soll sich nach Wunsch von Fußballfunktionären der Staat zugleich aus dem kommerziellen Fußball heraushalten.
Wer staatliche Hilfsforderungen aufstellt und mit diesem Ziel massiven Druck auf Politik ausübt, der sollte mindestens drei Dinge vorab leisten: Transparenz herstellen, kreatives Management belegen und private Initiativen mobilisieren.
Nur Wahrheit bringt Klarheit
Am 27.04. hieß es seitens des Vorstands in den Medien: Der Verein sei bilanziell nicht überschuldet und schließe die Saison mit einem sechsstelligen Plus ab. Gefahr bestünde ausschließlich dann, wenn eine Steuernachzahlung für 1999 – 2001 in Höhe von rund 4,5 Mio. Euro fällig werde.
Ja, wozu dann die ganze Aufregung? Eine Stundung oder ein Teilerlass von Steuerschulden müsste doch zu machen sein. Oder sehen die Bilanzen anders aus als öffentlich dargestellt? Weshalb fordert Hansa neben der Lösung des Steuerproblems vom Rostocker Bürger zusätzlich 1,28 Mio. Euro? Konkret sind es 750 TEUR als reine Überweisung und 530 TEUR als Verkaufspreis für einen Sportplatz, den die Stadt derzeit nicht kaufen müsste. Weshalb wird seitens Hansa suggeriert, dass nur das ganze sog. Rettungspaket die Insolvenz verhindere, obwohl es doch nur um die Steuerschulden geht?
Bereits jetzt steht wohl fest: Die Überschuldung des Vereins wird auch in den kommenden Jahren nur mittels Inanspruchnahme von Kontokorrentkrediten möglich sein. Und eine langfristige Fortführung des Vereins setzt offenbar, wenn man Medienberichte richtig interpretiert, den Verkauf des Stadions bzw. der Stadiongesellschaft voraus. Soll die öffentliche Hand das auch noch zahlen?
Und was sagen die Fans dazu, die bereits ein Riesenproblem mit der Umbenennung in DKB-Arena hatten? Und weshalb zählt der mehrfach medial diskutierte Stadionverkauf nicht zum sog. Rettungspaket? Wird hier in Salamitaktik agiert, mit der Hoffnung, wenn die Politik das eine geschluckt hat, dann schluckt sie auch das andere?
Wer Hilfe fordert, sollte seine Zahlen allen offen legen, damit jeder weiß, auf welcher Basis die Bürgerschaft ihre Entscheidungen treffen soll. Das endgültige Sanierungskonzept und dessen abschließende fachliche Bewertung gehören in die Öffentlichkeit, und zwar vor der Entscheidung.
Ein Management ohne Plan B ist schwer verständlich
Wenn der Vorstandsvorsitzende öffentlich erklärt, es gäbe keinen Plan B, dann frag ich mich, wo die Kreativität des Vereins und seiner Führung geblieben ist.
Weshalb kann die gesamte Steuerschuld nicht gestundet werden, z.B. zinslos für 10 Jahre?
Weshalb können die von der Stadt jetzt geforderten Gelder nicht eingeworben werden?
Wo ist der Hansa-Bus, der durch ganz M-V und ausgewählte Städte Ostdeutschlands fährt um Spenden einzusammeln?
Wo sind die Unternehmen, die Hansa jetzt finanziell beistehen und dies öffentlich machen um andere zu demselben Schritt zu bewegen?
Weshalb wurden/werden Einzelaufgaben des FC Hansa organisatorisch nicht in selbständige Gesellschaften überführt, damit sie von einer möglichen Insolvenz nicht betroffen sind?
Wo sind medial wirksame Spendenaufrufe? Öffentlich wahrnehmbar sind nur der Hilferuf an die Politik und die beginnenden Kampagne in Richtung Bürgerschaft, die auch als gezielte Unter-Druck-Setzung charakterisiert werden kann. Hier fließen Gelder, die besser eingesetzt werden könnten.
Wer Hansa unterstützen will spendet, kauft eine Aktie oder wird Mitglied
Bürger, Fans und Sympathisanten von Hansa können keine Steuern stunden oder erlassen, sie können sich aber an der Rettung eigenverantwortlich beteiligen.
Nimmt man die 1,3 Mio. Euro Rostocker Steuergelder, die erwünscht waren, so ergäben das 6,50 Euro pro Einwohner an Spende. Da der Hansa-Sportplatz seitens der Stadt bereits gekauft wurde, geht es jetzt um nur noch 750 TEUR, d.h. 3,75 Euro pro Einwohner, bei einer vierköpfigen Familie also 15,- Euro an Spende. Die 40.000 Fans müssten jeder nur 20,- Euro aufbringen, um den Verein zu retten. Kann dieses Geld also wirklich nicht mittels einer Kampagne erbracht werden?
Auch ein Aktienkauf ist möglich. Benötigt würden nur 13.000 Hansa-Unterstützer für eine 100,- Euro-Aktie. Das sind nur 8 Kästen Bier in diesem Jahr weniger.
Als Hansa im Herbst ins Schlingern geriet, habe ich persönlich eine Hansa-Aktie gekauft, für 100,- Euro, und damit schon einmal den jetzt noch erforderlichen Hilfsanteil von 26 Bürgern erbracht. Und heute habe ich einen Aufnahmeantrag für den Club ausgefüllt, der Hansa einen Mitgliedsbeitrag von 96,- Euro erbringt. Mein persönlicher Anteil ist damit getan. Den Steuerzahler will ich nicht über die Stundung oder den Teilerlass der Steuern sowie das Grundstücksgeschäft hinaus belasten.
Wem es mit dem Erhalt von Hansa Ernst ist, der tut etwas persönlich und ruft nicht nach dem Steuerzahler.
Mein Vorschlag
Am 9 Mai sollte die Politik aus meiner Sicht
die Steuerschuld in Höhe von 600 TEUR zinsfrei für 10 Jahre stunden statt ganz erlassen
die erwünschten 750 TEUR leihen statt schenken, und zwar bis diese Summe über eine Kampagne zusammengekommen ist
eine Summe von 20 TEUR für eine Hansa-Unterstützungskampagnen bereitstellen.
Dr. Sybille Bachmann
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